Nach einer äußerst erholsamen Nacht im Hostel empfingen mich die anderen in der Küche sehr freundlich und natürlich verquatschte ich mich wieder... Um ca. halb 11 Uhr ging ich zum Strand und genoss einfach die Sonne und das Meer, allerdings vom Schatten eines kleinen Pavillons aus (neben den dauerbraunen Israelis schau ich schon fast krank aus). Ich las ein Buch, hörte die Wellen und beobachtete die Leute um mich herum. Es war wirklich richtig heiß, ca. 35°C in der prallen Sonne und auf dem Sand verbrannte ich mir fast die Füße. Zur Abkühlung noch kurz ins Meer, obwohl das auch sehr warm ist, und dann natürlich ganz im Tel-Aviv-Style in Shorts und Bikini-Top die Strandpromenade entlang flanieren. Von ganz oben bis ganz unten sind das auch 3 km und danach hatte ich ziemlich Hunger - nichts wie auf zum Carmel-Market! Ganz klassisch natürlich Granatapfelsaft, Falafel für 7 Schekel (ca. 1,80€) und noch ein süßes Gebäck mit Pistazien. Der Teig wurde anscheinend als ganz dünne Fäden im Kreis gespritzt und direkt frittiert - es sah praktisch aus wie ein Vogelnest. Leider kann man es kaum essen, weil beim ersten Bissen schon alles auseinander fällt, aber es war lecker ;)
Zurück im Hostel habe ich mich noch kurz abgeduscht, tagsüber schwitzt man einfach viel zu viel. Schnell alle Sachen gepackt und ab nach Haifa! Der Weg ist nicht ganz unkompliziert mit dem ganzen Gepäck: Bus, Scanner am Eingang der Bahnstation (wie am Flughafen nochmal alles auf ein Rollband hieven), viele Treppen bis zum Bahngleis, kein Platz in der Bahn und eine ganze Stunde lang stehen und natürlich nochmal Treppen in Haifa am Bahnhof. Es ist aber nicht ausschließlich nur schlimm gewesen - der öffentliche Verkehr ist billig (7€ für 1 Stunde Zugfahrt), die gleichen Züge wie in Deutschland und äußerst hilfsbereite Israelis, die einem mit dem Koffer helfen und auch Busse für einen aufhalten. Zu guter letzt dann natürlich der Bus zum Hostel... Ich war schon stolz den Namen meiner Haltestellen bei der Ansage verstanden zu haben, doch ich habe immer wieder auf "Stop" gedrückt und der Fahrer hält einfach nicht an! Ich konnte dann erst eine Haltestelle später aussteigen und musste alles bergauf schleppen und ziehen.
Völlig fertig, verschwitzt und mit Sonnenbrand kam ich dann endlich am HI Hostel in Haifa an. Der Ausblick ist super auf dem Berg und die Anlage ist auch wirklich groß und schön. Vom IVA Team
(Israeli Volunteer Association) empfangen mit Obst und Wasser konnte ich endlich Klarheit über mein Visum bekommen. In unserer WhatsApp-Gruppe habe nämlich einige gemeint, dass die Blue Card
alleine nicht reicht als richtiges Visum. Man bräuchte also noch eine Befragung mitsamt Foto und Visa-Klebezettel im Pass - ich hatte wirklich Angst, dass da was schief gelaufen ist. Die
Koordinatoren konnten mich beruhigen, ich hatte das richtige Visum und das ist alles, was zählt - Klebezettel hin oder her. Ein paar andere Volunteers waren auch schon da und gespannt warteten
wir auf die Ankunft unserer französischen Zimmergenossen. Letztendlich sind wir 6 Mädels: Lisa, Talita, Nina, Élodie, Hortense und ich. Wir wohnen dann auch alle in einer WG zusammen und kriegen
männliche Verstärkung von Konrad.
Alle von uns freuten sich auf das Abendessen und es war wirklich umwerfend: Hummus, israelische Salate, eine lange Salatbar, viel landestypische Kost, frisches Obst,... Beim Essen konnte man sich mit alten Teterow-Bekanntschaften mal wieder austauschen und natürlich die neuen Mitbewohner interviewen.
Obwohl wir alle wirklich totmüde waren, machten wir noch einen Verdauungsspaziergang. Der wurde zu einer Exkursion zum Meer erweitert -wohlgemerkt um 22 Uhr nachts. Doch es war immer noch warm, das Wasser sehr angenehm an den Füßen, ein leichter Wind und Musik von den Strandbars. Es hätte kein schönerer erster Abend in Haifa sein können!
Am nächsten Tag wartete dann aber ein straffes Programm auf uns. Wichtigster Punkt natürlich gleich in er Früh: Frühstück! Auch wieder sehr israelisch mit Shakshuka, Fisch, Hummus, Quarkdips, etc - aber auch Pizza, Joghurt, Marmelade, Honig und Brot.
Es stellte sich heraus, dass wir insgesamt 85 Leute bei diesem Seminar waren. Vor allem aus Deutschland und Frankreich, aber auch zwei Österreicher waren dabei. Nach einer Kennenlernphase teilten wir uns in Gruppen je nach Wohnort auf und erarbeiteten viel zum Thema Zusammenleben in der WG usw. Dann war auch wieder Mittagszeit und das Essen war natürlich total lecker! Nachmittags ging es dann wieder mit Seminaren weiter und später gingen wir gesammelt zum Busbahnhof für unsere RafKav-Card. Diese Karte benutzt man im öffentlichen Straßenverkehr, man lädt Geld darauf und kann dann einfach damit bezahlen.
Der Nachmittag war wieder sehr intensiv und macht uns alle hungrig aufs Abendessen ;)
In der Abendeinheit beschäftigten wir uns noch mit verschiedenen jüdischen Feiertagen demnächst:
- Rosch Ha'schana (9.-11. September): jüdisches Neujahr - danach 10 Tage der Umkehr und Versöhnung
- Jom Kippur (19. September): höchster Feiertag, Fasten, Buße und Reue
- Sukot (24.-30. September): jüdisches Laubhüttenfest - Befreiung des Volkes Israels aus der Knechtschaft
- Simchat Tora (2. Oktober): Ende des Lesezyklus der Tora und Dankbarkeit für die heilige Schrift
Abgerundet wurde das alles mit relativ improvisierten Gesangs- und Tanzeinlagen zu traditionellen jüdischen Liedern dieser Festtage... es war wirklich sehr witzig was dabei so herauskam ;)
Der nächste Tag war natürlich auch wieder vollgepackt mit Programm - jetzt endlich all die Informationen, auf die ich so lange gewartet habe!
Wir haben die Handynummer unserer Koordinatorin Tal bekommen, Informationen zu unserer Einrichtung (Montag um 9 Uhr beginnt der erste Arbeitstags meines Lebens) und natürlich zu den Appartments. Wir haben auch mehrere Seminare über das Jahr verteilt, jeweils drei Tage zur Vorbereitung und Nachbereitung, dann noch zwei Tage in einem Kibbutz oder einer arabischen Siedlung - gennant Tamra - und auch noch jeweils einen Tag zum israelisch-palästinensischen Konflikt und der Holocaustzeit. Man hatte die Wahl zwischen Kibbutz und Tamra (ich nahm Tamra) und damit auch noch einen freien Seminartag, der sich bei mir entweder mit den arabischen Flüchtlingen, dem Militär oder der Koexistenz beider Gesellschaftsgruppen beschäftigt. Das klingt doch nach einem guten Programm! Die Seminartage sind übrigens offizielle Arbeitstage und werden mir nicht von meinem Urlaub abgezogen.
Nach dem Mittagessen und Gruppenfotos stiegen wir dann in die Busse und wurden zu den Wohnungen gefahren - endlich! Wir sieben kamen um ca. 17:30 Uhr in Rishon an. Zum Glück gibt es einen Aufzug, weil die Wohnung im vierten Stock liegt - das Kofferschleppen hatten wir alle nämlich ziemlich satt.
Nun also zu der Wohnung: Sie ist recht schlicht gehalten und entspricht dem israelischen Standard an günstigen Wohnungen. In dem Haus wohnen mehrere Familien und ein älterer Herr hat uns gleich im Flur sehr herzlich begrüßt, natürlich auf Hebräisch. Ich verstand nur so viel, dass wir eben "die Neuen" sind und im vierten Stock wohnen, offensichtlich hat er sich sehr gefreut :)
Unser Wohnzimmer ist sehr groß und hat eine Couch direkt am Fenster mit Blick auf die Stadt (so eine Leseecke wollte ich schon immer!). Dafür sind die Zweierzimmer eher klein und nicht wirklich luxuriös (die Betten erinnern eher an Feldbetten und die Aufbewahrungsmöglichkeiten für Kleidung usw. sind sehr überschaubar). Das ist aber auch etwas sehr typisches in Israel, weil das Leben eher im Gemeinschaftsraum stattfindet und die eigenen Zimmer nur zum Schlafen dienen - eigentlich ein sehr schöner Gedanke. Wir haben eine Badewanne, zwei Toiletten, eine Dusche, eine Küche mit Mixer, Mikro, kleinem Ofen und der Grundausstattung sowie eine Waschmaschine. Alles wieder sehr klein, aber bei Ikea werden wir bestimmt noch ein paar schöne Ordnungssysteme für die Wohnung finden, sodass wir mehr Stauraum haben. ;)
Unsere Vorgänger haben uns auch noch ziemlich viel dagelassen: Campingausrüstung, Rucksäcke, Kleidung, Kosmetika und und und. Es war auch noch etwas Essen da, doch trotzdem mussten wir zuerst einmal zum Supermarkt. Eine andere Betreuerin - Keren - hat uns in der Wohnung alles gezeigt und uns dann noch kurz in unserem Viertel herumgeführt. Wir leben sehr zentral am Stadtzentrum und in der Nähe zweier großen Malls. Abends ist noch wirklich viel los, vor allem sieht man Familien mit ihren Kindern auf der Straße spielen und es gibt wirklich viele Geschäfte. Wir sind schon etwas herumgeirrt bis wir einen Supermarkt gefunden haben und deckten uns dann etwas ein - nicht zu vergessen die
750 g - Packung Hummus für ca. 2,50 €.
Zurück in der Wohnung natürlich das Leidigliche: Aufräumen und putzen. Beim Abendessen waren dann alle sichtlich erschöpft und wir räumten dann nur noch unsere Koffer aus und fielen ins Bett.
Ich hoffe, dass ich irgendwie noch Ordnung in meinen Schrank bringe... In circa drei Wochen kommen ja noch (hoffentlich) die zwei Pakete aus Deutschland an und da muss ich mir dann schon überlegen, wo ich das alles unterbringen will - Ikea wird es schon regeln!
Momentan haben wir nur alle das Problem, dass wir nicht allzu viel Geld haben und das Gehalt (ca. 1300 Schekel) erst am Ende des Monats kommt. Deswegen schaue ich gerade schon ziemlich auf das Geld und hoffe, dass ich bald einen israelischen Bankaccount eröffnen kann, um mein deutsches Geld gebührenfrei nach Israel zu transferieren...
Ich bin gespannt wie das WG-Leben so weitergeht und wann ich diese Wohnung als mein Zuhaus wahrnehmen kann - auf jeden Fall helfen aber all die Abschiedsgeschenke. Ich habe sie schön ordentlich auf das Tischchen neben dem Bett gelegt und sie erinnern mich immer daran, dass ich auf jeden Fall ein Zuhause in Deutschland habe. <3
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