Meine Kollegin kommt ursprünglich aus Äthiopien und wanderte vor 5 Jahren nach Israel aus, weil ihr Vater und Bruder schon seit längerer Zeit hier leben. Ihr Vater ist Jude und ihre Mutter Christin, sie wurde christlich erzogen und ging auf eine christliche Schule. Trotzdem fühlt sie sich mit dem Judentum stark verbunden und ist somit irgendwie beides: Christ und Jude.
Bei ihrer Einwanderung nach Israel gab es aber ein Problem: "Es gibt keine schwarzen Juden!"
Man hat ihr schlichtweg nicht geglaubt, dass sie mit jüdischen Idealen vertraut ist und deswegen musste sie für ein Jahr in die jüdische Schule gehen. Für sie persönlich war es eine schreckliche Erfahrung. Innerlich hat sie eine tiefe christliche Überzeugung, fühlt sich aber auch dem Judentum nahe. Es hat sie auch ziemlich beleidigt, dass sie aufgrund ihrer Herkunft nicht als Jude wahrgenommen wurde, sodass sie mittlerweile Israel als dem "jüdischen Staat" eher negativ gegenübersteht.
Ihrer Erzählungen nach habe man nämlich in der jüdischen Schule statt der Liebe zum Judentum eher den Hass gegen das Christentum gelehrt. Mit ihrer inneren christlichen Haltung ist sie oft angeeckt und sagt sonst auch niemandem, dass sie sich mittlerweile eigentlich nur noch als Christ identifiziert. Sobald man nämlich jüdischen Israelis erzählt, dass man kein Jude ist, trifft man schon auf eine gewisse Ablehnung. Mir ist das auch selber schon mit Patienten passiert und auch im Tanzstudio waren einige erstaunt, was denn ein Christ in Israel verloren hat.
Ich finde es ziemlich erstaunlich so direkt zu hören, wie groß die Differenzen zwischen Juden und Christen im "Gelobten Land" sind. Für sich persönlich kann man praktizieren, was man will, aber man muss auch immer einen Schritt weiter denken. Wenn man Kinder hat und diese dann christlich erziehen würde, hätten sie mit ihren jüdischen Freunden viele Probleme, weil sie in zwei verschiedenen Welten leben. Dass man Christ ist, sollte man also besser für sich behalten, wenn man längere Zeit in Israel leben will.
Warum kann man denn nicht einfach akzeptieren, dass sowohl Juden, Muslime als auch Christen dieses Stück Land als "Gelobtes Land" ansehen?! Die Thora entspricht praktische dem Alten Testament der Bibel, warum also dieser staatlich demonstrierte Hass gegen Andersgläubige? Ich werde aus diesem Konflikt nicht schlau, aber wenigstens habe ich jetzt eine Ahnung wie mein Gegenüber reagieren kann, wenn ich antworte: "Ich bin Christ."
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Ina (Dienstag, 11 September 2018 20:45)
Wow. Wie interessant und bewegend zugleich. Es ist wahrlich traurig welche Ablehnung HEUTE noch auf verschiedene Herkünfte gelebt wird. Dabei sind wir alle eins mit dem Universum.