In Israel sind gerade alle in Feierlaune - hier wird der Beginne des neuen jüdischen Jahres 5779 gefeiert.
Für drei Tage liegt dann fast das ganze öffentliche Leben flach, die Familie kommt zusammen und es gibt sehr viel Essen.
Ich persönlich habe nicht so sehr viel mitgekriegt von den Feierlichkeiten, weil ich lieber arbeiten gegangen bin, um mein Urlaubskonto zu vergrößern.
Aber egal was in Israel gefeiert wird, man kann sich nichts entziehen! Man hat schon beim Patientenessen gemerkt, dass gefeiert wird. Üblicherweise isst man nämlich Apfel in Honig gedippt, viele Süßigkeiten und Obst. Man soll nämlich das neue Jahr mit einem (sehr) süßen Geschmack beginnen. Die Familie eines Patienten hat uns eine ganze Obstplatte mit Wassermelone, Carambola, frischen Datteln (gelb und hart), Trauben, Ananas und unglaublich guten Feigen geschenkt. Lecker! Das Obst in Israel hat einfach eine Qualität, die man in Deutschland nicht bekommt.
Andere Kollegen haben auch sehr viel Süßzeug mitgebracht, das eine waren Plätzchen mit einer Dattel-Nuss-Füllung. Bei der großen Essenskultur hier wundert es mich nicht, dass auf der Station viele Patienten mit Diabetes liegen...
Sonst wird auch noch Granatapfel gegessen, weil man einander so viel Gutes wünscht wie der Granatapfel Kerne hat.
Bei einem großen Rosh Hashanah-Abendessen wird sonst noch immer Challah-Brot (wie Hefezopf) und Fisch bzw. ein Fischkopf gegessen. Dieser steht symbolisch für den Kopf ("rosh") des neuen Jahres ("shanah").
Beim Essen werden dann traditionellerweise noch Kerzen angezündet, Gebete gesprochen und Brot und Wein gesegnet.
Bei unseren Nachbarn zuhause konnte ich durch die dünnen Türen auch noch einige Gebete und Lieder mithören. Sonst sieht man auf der Straße auch alle zur Synagoge pilgern, ich weiß aber nicht wie sie die 30 Grad in Anzug, Tallit (Schultertuch), Sakko und Hut aushalten...
Nach dem Festmahl und Gottesdient am Rosh Hashanah-Abend geht es mit Gottesdienst und dem Spielen des Shofar-Horns am nächsten Morgen weiter. Die gespielten Töne sollen alle Anwesenden für das neue Jahr segnen und dazu werden weitere Gebete gesprochen. Auch im Krankenhaus wurde das Shofar-Horn über die Lautsprecheranlage übertragen, eine meiner liebsten Patientinnen hat auch mich für das neue Jahr gesegnet. Es war sehr komisch ihr ein "shanah tova" ("Frohes neues Jahr") zu wünschen, weil sie wahrscheinlich die nächsten Tage nicht mehr überleben wird...
Man kann auch feststellen, dass man das neue Jahr entweder sehr religiös oder eben auch sehr weltlich auslegen kann. Ein älterer Patient auf der Station hatte auch seine ganze Gebetsmontur dabei und rezitierte wippend Verse aus dem Gebetsbuch. Im Schwesternzimmer allerdings zeigte eine Kollegin ein Video mit einer Rosh Hashanah-Parodie auf "Waka Waka" von Shakira - so geht es also auch!
Am zweiten Tag wird dann abends noch das sogenannte "Tashlich" durchgeführt. Dafür trifft man sich an einer Wasserstelle, also Brunnen im Park, Meer in Tel-Aviv etc. In Rishon war der ganz Park mit jüdischen Familien und Männern in weißen Hemden und mit Kippa (oder eben Gebetskleidung) gefüllt. Auch nicht streng religiöse Familien trafen sich einfach, um Zeit miteinander zu verbringen. Es werden wieder Gebete gesprochen und entweder wirft man einen Stein ins Wasser oder nimmt selber ein Bad, um die Sünden loszuwerden und gereinigt ins neue Jahr starten zu können.
Der letzte Tag des Neujahrsfeierlichkeiten besteht eigentlich nur wieder aus Synagogenbesuch und viel Essen. Ich persönlich bin froh, dass morgen wieder alle Geschäfte geöffnet haben und die Stadt belebter ist. Gestern Morgen auf dem Weg zur Arbeit waren die Straßen wie leer gefegt, nur ein paar Autos auf dem sonst so geschäftigen Highway... Ich glaube nicht mal an Weihnachten sind die Straßen in Deutschland so leer! Die Ruhe ist aber auch schön und vor allem, dass das neue Jahr nicht mit wilden alkoholreichen Partys und lautem Feuerwerk starten muss - sondern das geht auch ganz geruhsam im Kreise seiner Liebsten!
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