· 

Die älteste Stadt der Welt

Eigentlich bin ich schon ganz in der Früh in Hebron aufgebrochen, aber ich musste dann 1,5 Stunden warten bis das Serveece endlich voll war. Obwohl der Fahrer durch die hügelige Landschaft mit vielen Serpentinen gedüst ist (und mir etwas schlecht wurde), dauerte es nochmal 1,5 Stunden. In Jericho angekommen suchte ich dann verzweifelt nach Waleed's Hostel. Eigentlich ist es laut Internetbeschreibung direkt im Stadtzentrum, dort war aber nichts. Die Einheimischen sind daran gewöhnt und der Friseur in der Nähe hat Waleed dann für mich angerufen. Ich trank im Friseursalon mit ihm noch arabischen Kaffee und ich hätte sogar eine Shisha haben können, arabische Manieren halt. Waleed war nach 20 Minuten da und erklärte mir, dass er gerade zwei französische Gäste zum Toten Meer und bot mir an mitzukommen. Von meiner eigenen Spontanität überrascht sagte ich "Ja", er fuhr mich zum Hostel (das liegt etwas außerhalb, er kann gut im Internet tricksen) und ich packte meine Badesachen ein. Am Toten Meer, das wieder der israelischen Kontrolle unterliegt, tummelten sich dann die Touristen, aber ich war wirklich dankbar dafür!

Alle in Bikini und Badehose und man fiel mal nicht wie ein buntes Pferd im Straßenbild auf. Der Strand hätte ehrlich gesagt schöner sein können und der strahlende Sonnenschein wurde von ein paar Wolken getrübt. Jedenfalls konnte ich die Seele baumeln lassen und versuchte mich daran zu "floaten".  Anfangs hat es nicht geklappt, weil man auf gar keinen Fall das Salzwasser ins Gesicht kriegen will. Andere Touristen konnten sogar irgendwie normal schwimmen, mich selber hat es immer sofort in die Horizontale und dann mit Gesicht nach unten gedreht. Nach mehreren Anläufen hatte ich endlich den Dreh raus und trieb wie schwerelos mit Blick in den Himmel auf dem See. Es fühlte sich richtig frei an, als ob man fliegen würde! Am Ende musste natürlich noch die obligatorische Maske mit Schlamm vom Toten Meer sein, im Shop würde man dafür richtig viel zahlen.

Am späten Nachmittag war ich wieder im Hostel, es ist in einem ruhigeren Wohnviertel gelegen und recht klein. Es waren kaum Gäste da, man konnte sich gut mit den anderen Unterhalten, doch die Ausstattung war eher bescheiden. Zudem hört man jede Nacht den Muezzin von der nahegelegenen Moschee rufen und das störte etwas meinen Schlaf. Waleed kutschiert einen aber auch gerne herum, solange man etwas Geld in der Tasche hat - aber auch Volunteers können sich das leisten.

Abends lernte ich noch einen Holländer und einen Spanier kennen und wir planten zusammen eine kleine Wanderung für den nächsten Tag. Das St. Georgskloster (griechisch-orthodox) in der Wadi Qelt ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Region und auch ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen. Wir wollten aber Geld sparen und sie ALLES vom Hostel aus gelaufen. Wanderkarten oder Wegbeschreibungen gibt es keine, auch Google Maps funktioniert nicht wirklich in der Westbank - man sollte sich besser die App maps.me installieren. Wir haben anfangs auch nicht den richtigen Weg gefunden und sind im Canyon gelaufen, erst später kraxelten wir zum Gehweg nach oben und genossen dann den schönen Ausblick. Das Kloster liegt mitten in der Wüste, in der Jesus laut Bibel 40 Tage fastete - der ganze Sand und die karge Landschaft passen ausgezeichnet zu der Geschichte. Ich war es ja schon gewohnt, dass man in der Westbank immer bedeckt gekleidet sein muss und mit langer Hose und Bluse oder langärmligem Shirt liegt man eigentlich immer richtig - hier nicht! Frauen müssen nämlich einen Rock tragen und im Kloster gibt es auch keine Tücher zum Ausleihen... Tja, da stand ich und wurde nicht rein gelassen - zum Glück konnte ich mir ein Handtuch von dem Spanier aus dem Hostel ausleihen. Die Kirche und der Klosterbau sind tatsächlich ganz hübsch, aber man verpasst nicht viel, wenn man alles nur von draußen sieht. Wir sind dann noch gut 2 Stunden weiter durch die Wüste gelaufen und waren uns manchmal nicht ganz sicher, ob wir uns tatsächlich auf einem Weg befinden... Wir kamen an Ziegen, Ziegenhirten und Wildeseln vorbei, besonders genoss ich aber die Ruhe! Wir passierten noch ein altes Aquäduct ehe wir an einem schmalen Canyon ankamen, der mit schönem kalten Wasser gefüllt war - herrlich. Schuhe aus und bei gut 30 Grad ab ins kühle Nass! Die Pause hatten wir uns wirklich verdient und machten uns mit den letzten Kräften auf den Rückweg. Es gibt nämlich 2 Wege, einen rechts und links des Canyons (bzw. nördlich und südlich), und so kann man die Landschaft aus verschiedenen Blickwinkeln bestaunen. Nach über 7 Stunden Laufen sind wir dann wieder wohlbehalten und komplett durchgeschwitzt im Stadtzentrum angekommen und belohnten uns mit einem Eis, nach über 25 km an diesem Tag tat ich dann nichts mehr außer duschen, essen und ausruhen.

Den letzten Tag in Jericho verbrachte ich damit Sehenswürdigkeiten abzuklappern - alles zu Fuß natürlich. In der Früh bin ich zum/auf den Berg der Versuchung gelaufen und habe mir das Geld für die Seilbahn gespart, Morgensport soll ja gesund sein. Schweißgebadet an der Schwelle zum Kloster angekommen genoss ich die herrliche Aussicht und die Morgensonne badete alles in ein wunderbares Licht. Ins Kloster kann man einfach hineingehen und durch den rötlichen Stein sieht es sehr warm und einladend aus. Die kleine Kirche fand ich auch sehr schön, obwohl sie orthodox ist.

Am Fuß des Berges befinde sich dann auch das Alte Jericho, die Stadt rühmt sich ja mit dem Namen "Oldest Ciy in the World". Es gibt dazu einen kleinen archäologischen Park mit Ausgrabungen, ehrlich gesagt fand ich den sehr enttäuschend... Das Geld fehlt einfach, es gibt keine Erklärungstafeln, überall liegt Müll und es fühlt sich an, als ob man einfach über einen Schutthaufen läuft. Man könnte so viel für den Tourismus herausholen, aber es wird einfach nichts gemacht... Die Fundstücke werden auf 10.000 B.C. datiert und seitdem ist Jericho kontinuierlich bewohnt, von einer einfachen Siedlung hat es sich zu einer größeren Stadt der Westbank weiterentwickelt. Im neuen Jericho merkt man davon aber absolut gar nichts mehr - in Europa wäre das anders. Wenn man dort durch Altstädte läuft sieht man meistens noch sehr viel alte Architektur und herausgeputzte Ausgrabungen, nicht so in Palästina.

Der letzte Stop war dann der Hisham-Palace, das Highlight Jerichos! Auf dem Weg dorthin musste ich mich mal wieder durch den Müll am Straßenrand kämpfen und immer lag so ein Mülldeponie-Geruch in der Luft - ein schönen Spazierweg sucht man vergeblich. In Palästina wird irgendwie eh kaum zu Fuß gelaufen, entweder eigenes Auto oder Serveece, als Tourist wurde ich dann schon doppelt schief angeschaut - naja.

Glücklicherweise ist der Hisham Palace endlich mal touristisch gut ausgebaut! Es gibt einen Einführungsfilm zum Palast aus dem 8. Jahrhundert (muslimische Herrschaft), er wurde allerdings erst in den 1930er-Jahren freigelegt. Die Anlage ist relativ groß und verfügt über ein Bad, Überreste der Eingangshalle und ein riesiges Bodenmosaik. Das Mosaik ist eigentlich das Hightlight, ABER es wird zurzeit restauriert... Dadurch ist die halbe Anlage nicht begehbar und ich muss noch bis nächstes Jahr warten, dann soll nämlich (hoffentlich) die Restauration fertiggestellt sein.

Das Jericho-Programm war somit durchgearbeitet und ich hab meinen Host Waleed noch gefragt, ob er mich an den Jordan fahren könnte. Dort liegt nämlich (laut Überlieferung) die Taufstelle Jesu und sie wird von vielen Pilgern aufgesucht. Sie kaufen sich lange weiße Gewänder und steigen in die braune Brühe, um sich nochmal taufen zu lassen. Der Jordan ist wirklich richtig klein, aber gleicht irgendwie einer Oase in der Wüste mit Palmen und viel Farn. Man sieht dabei auch die Grenze zu Jordanien, auf deren Seite befindet sich noch die Taufkirche und ist eigentlich nur einen Katzensprung entfernt. Das Wasser war wirklich angenehm, um meine Füße abzukühlen - weiter wagte ich mich nicht hinein (wer weiß, was für Bakterien da drin sind...). Mein Gastgeber sagte auf der Rückfahrt, dass auch diese Attraktion wieder unter israelischer Kontrolle ist und aus irgendeinem Grund haben die Israelis im Gebiet um die Taufstelle Minen vergraben und die Militärpräsenz war groß. Am Nachmittag hat man am Himmel auch noch ein paar Kampfjets hören können... Trotz Urlaubsfeeling wurde mir mal wieder bewusste, dass hier alles nicht so leicht ist.

Noch ein paar praktische Reisetipps: Vor Ort gibt es viele Taxifahrer, die einen herumkutschieren wollen, aber der Großteil geht mit etwas Ausdauer auch zu Fuß. Wenn man ein Taxi will, unbedingt verhandeln! In der Nähe der Taufstelle gibt es auch einen Bushaltestelle, von dort müsste man dann noch einige Meter entlang der Straße (in praller Sonne) laufen. Wenn man beim Essen Geld sparen will, kann ich Pita, frisches Obst und Gemüse, palästiensischen Joghurt (750 g für 5 Shekel) und Falafel ( 3-5 Shekel) empfehlen. Wenn man Glück hat, kriegt man in der Früh in den Bäckereien frische Pita und 3 Falafel-Bällchen für 1 Shekel. Gegen Nachmittag sind dann auch die ganzen Shawarma- und Kebap-Stände auf der Straße aufgebaut.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0