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Von Heldentum zu Strandliegen zu Studentenparty

Nach anstrengenden Wochen im Krankenhaus haben meine Mitbewohnerin Lisa und ich uns wirklich Urlaub verdient! Wir nutzen noch das gute Wetter aus und machten uns auf in die Wüste. Die sogenannte Negev bedeckt fast die Hälfte der israelischen Landfläche und kommt von dem althebräischen Wort für "Süden" - logisch, Südisrael ist nur Wüste. Außerdem wollten wir auch den legendären Sonnenaufgang von der Bergfestung Masada anschauen. Dafür fuhren wir mittags mit dem Bus Richtung Totes Meer. Am besten steigt man in Jerusalem um, da von dort direkt eine Linie durch die Westbank (etwas verrückt und unlogisch) alle wichtigen Station am Toten Meer abfährt. In Masada (hebr.: Metzda) angekommen suchten wir nach dem kostenlosen Camping-Platz. Der liegt direkt an der Zufahrtsstraße und hat null Komfort - aber er ist kostenlos! Die Sonne ging schon früh unter, wir bestaunten die aufgehenden Lichter in einer Stadt auf der jordanischen Seite, hörten die feierwütigen Hostel-Gäste des HIHostels 500m weiter und gingen früh schlafen.

 

Um kurz nach 4 Uhr klingelte der Wecker, nach einer durchzechten Nacht bauten wir das Zelt ab, gingen zum Parkeingang und wurden um kurz nach 5 Uhr endlich hineingelassen. Es gibt theoretisch drei Möglichkeiten auf die Bergfestung zu gelangen: Schlangenpfad (ca. 45 min.), Rampenpfad (ca. 15 min.) und die Seilbahn. Für den Sonnenaufgang muss man sowieso zu Fuß gehen, da die Bahn noch nicht in Betrieb ist, und der Schlangenpfad ist wesentlich schöner. Also quälten wir uns in aller Herrgottsfrühe hinauf und warteten gespannt auf den Sonnenaufgang...

Ich persönlich fand es wunderschön, obwohl uns die Wolken den Ausblick auf die Sonne etwas versperrten. Danach besichtigten wir noch die verschiedenen Ausgrabungen an diesem speziellen Ort israelischen Stolzes:

Die Römer belagerten 70 n.Chr. Jerusalem und die Juden hielten tapfer den Truppen stand. Jedoch spitze sich die Lage 72 n.Chr. zu und 1000 Männer, Frauen und Kinder flohen in die Masada-Festung. Um der Versklavung zu entgehen beschlossen sie Selbstmord zu begehen und daraus wurde sogar noch im 20. Jh. ein israelisches Motto abgeleitet: "Ihr kriegt uns nicht lebend! Masada soll nie wieder fallen!"

Abgesehen von der historischen Relevanz hat man natürlich auch einen wunderschönen Ausblick auf die steinige Wüstenlandschaft. Ganz zufällig haben wir auch noch eine Gruppe jüdischer Männer gesehen, die oben auf dem Berg zusammen gebetet haben - das war tatsächlich ziemlich eindrucksvoll, wie eine Art Gemeindeausflug.

Wir beide waren ziemlich fertig und fuhren deswegen einfach weiter zum Badeort En Boqeq. Neben dem bekannteren und kostenpflichtigen Ein Gedi-Strand ist En Boqeq kostenlos und weniger überlaufen. Trotzdem ist es eigentlich nur ein Touristen-Ort und regelrecht mit Hotels zugepflastert. Wir beide entschieden uns natürlich wieder für einen kostenlosen Campingplatz am nördlichen Ende des Strandes. Im wesentlichen verbrachten wir den Tag mit Schlafen, Ausruhen, Lesen, Essen und natürlich einem Bad im Toten Meer. Es war Ende November und trotzdem ging ich bei angenehmen 27° Celsius baden, während ich winterliche Bilder auf Instagram von meinen Freunden in Deutschland sah...

Der nächste Programmpunkt war dann auch schon Beer Sheva. Es ist die größte Stadt in der Negev mit Eilat und auch bei Studenten sehr beliebt, unter anderem wegen der günstigen Wohnpreise. Wir lernten dort unsere Couchsurfing-Hosts kennen, die beide an der Universität Beer Sheva studieren. Abends luden sie uns zum Shabbat-Dinner mit ihren Freunden ein, davor mussten wir aber noch in die Stadt und einkaufen! In Beer Sheva gibt es nicht wirklich viel zu sehen und vor allem nicht am Wochenende. Wir liefen also durch den sogenannten Beduinenmarkt, der recht normal wirkte, durch die netten Gassen, spazierten in einem Park und genossen die Atmosphäre im Studentencafe Lola. Beide von uns waren ganz stolz, dass wir die Bestellung ohne bilinguale Speisekarte meisterten. ;)

Lisa und ich entschieden uns für das Abendessen noch Kaiserschmarrn zu machen und sowohl unsere Hosts als auch deren Freunde waren ganz hin und weg davon! Das Shabbat-Dinner entpuppte sich dann eher als nette Studentenparty, da die Familie zu weit weg wohnt und sie am Wochenende nicht nach Hause fahren können - so suchten und fanden sie also ihre Ersatzfamilie für den Freitagabend. Wir führten wirklich interessante Gespräche, unter anderem auch mit einem 22-Jährigen, der komplett von seinem Militärjob begeistert war und für uns eine etwas verquerte Ansicht vertrat...

Noch ein Fun Fact zur Wohnung: An der Innenseite der Eingangstür hängt ein Schild mit altdeutscher Schrift und "Juden raus! [weiterführender englischer Schriftzug]". Lisa und ich sahen uns verdutzt an und die Party-Gastgeberin meinte nur, es sei leicht als Opfer Witze darüber zu machen, das sei eben israelischer jugendlicher Humor.

 

Für den letzten Tag planten wir noch unser Weihnachtsshopping in Jerusalems Altstadt - wenigstens eine Sache, die man auch an Shabbat machen kann. Blöderweise fahren in Beer Sheva absolut keine Sheruts an Shabbat... Aus dem zentralen Israel waren wir da was anderes gewohnt! Unser Host hat glücklicherweise über eine Facebook-Gruppe eine Mitfahrgelegenheit organisiert, Studenten lassen sich eben immer etwas einfallen!

Wir beide schleppten uns müde und ziemlich erkältet mit dickem Backpack durch die engen Gassen Jerusalems, verhandelten mit den Händlern und wollten schnellst möglich nach Hause!

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