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Weihnachten und die Wanderung entlang der Mauer

Am 24. Dezember machte ich mich mittags mit gepacktem Rucksack auf nach Jerusalem, bis dahin hatte ich noch gar keine Weihnachtsstimmung... Es ist schon ziemlich komisch, so absolut nichts an Weihnachtsvorfreude zu verspühren, wenn der Blick auf den Kalender einem etwas ganz anderes sagt! Für den Abend habe ich mir noch eine dicke Mütze und Handschuhe gekauft, weil es ziemlich frisch und windig war. Für den Abend waren 8 Grad angesetzt...

Um 18 Uhr bin ich dann mit dem Touristen-Shuttle bis zum Krippenplatz gefahren. Das Tourismus-Büro Jerusalem hat für vom 24.12. 14 Uhr bis zum 25.12. 2 Uhr (theoretisch) kostenlosen Transport bereit gestellt - natürlich gibt es bei dieser israelisch-palästinensischen Zusammenarbeit ein Problem: Es gibt nur zwei Shuttels mit je ca. 20 Sitzen, die palästinensischen Fahrer sind nicht sonderlich zuverlässig und es war ein Wunder, dass es überhaupt anfangs funktionerte...

An der Grenze kamen noch zwei verkleidete Weihnachtselfen in das Shuttle und gaben jedem eine kleine Tüte mit Schoko-Nikolaus und Süßigkeiten. In Bethlehem angekommen wurde man fast von den ganzen Blinklichtern erschlagen und auch der Weihnachtsbaum sah für mich sehr amerikanisch aus. In den Seitenstraßen kaufte ich noch ein kleines Mitbringsel: Eine Krippenfigur aus Olivenholz und handgemacht in Bethlehem. Der Verkäufer schenkte mir sogar noch eine Mini-Krippe als Weihnachtsbaum-Anhänger.

Der Gottesdienst sollte offiziell um 23 Uhr beginnen und bis dahin spielten verschiedene Bands auf dem Krippenplatz. Das war auch wirklich schön und zum ersten Mal hörte ich schöne Weinachtslieder, unter anderem auch von einem italienischen Franziskaner-Mönch: Da geht einem das Herz auf!

Mein Weihnachtsessen war auch ziemlich interessant, da mein Lieblingslokal in Bethlehem, das "Afteem", ziemlich überrannt war und ich mir den Tisch mit einem palästinensisch-britischen Mutter-Tochter-Gespann teilte. Wir unterhielten uns nett, teilten das Essen und ich genoss Fatteh, Falafel und Auberginen-Creme!

 

Nun zum eigentlichen Kernstück: Der Gottesdienst in der Katherinenkirche! Für Sitzplätze im Inneren muss man online schon weit im Voraus Tickets reservieren, ich bekam leider keine mehr. Also wartete ich draußen auf die Live-Übertragung auf der Leinwand. Anfangs funktionierten die Lautsprecher nicht, dann kam alles nur auf Arabisch und der Gottesdienst startete erst wirklich um 24 Uhr. Letztendlich sah ich die Bilder und verstand ein paar Lieder... Und irgendwie war auch das hohe Polizeiaufkommen ziemlich unweihnachtlich, sodass ich mich nach der Wandlung und "Stille Nacht" entschied zu gehen.

Vergeblich wartete ich auf ein Shuttle und traf dabei natürlich auf weitere deutsche Reisende, glücklicherweise auch ein Pater, der im Christian Information Center in Jerusalem arbeitet. Er meinte, dass es auch letztes Jahr so gewesen sei und man am besten bis zur Grenze laufe. Um 2 Uhr nachts liefen wir also entlang der israelisch-palästinensischen Mauer zum Checkpoint und von dort aus nahmen wir dann ein Sammeltaxi (Serveece/ Sherut).

Ich wunderte mich ziemlich, dass der Pilgeransturm auf Bethlehem recht gering war an Weihnachten und erkundigte mich diesbezüglich beim Pater. Er feierte Weihnachten auf den Hirtenfeldern in Bethlehem und meinte, dass auch dort die Anzahl abgenommen habe. Viele Leute trauen sich nicht mehr nachts in die Westbank zu reisen, vor allem nicht mit Familien und ohne funktionierenden Transport - verständlich.

 

Um kurz nach 3 Uhr viel ich dann in mein Hostel-Stockbett und schloss damit meinen recht unweihnachtlichen Heilig Abend ab. Ich fand die Erfahrung wirklich gut und das Gefühl an Weihnachten am Geburtsort Jesu gewesen zu ist tatsächlich unsagbar schön - aber nochmal würde ich es nicht machen. Da merkt man dann schon, dass es nichts schöneres gibt als Weihnachten zu Hause mit der Familie und auch nur dann ist es wirklich Weihnachten. Innerlich zählte ich schon die Stunden bis zu meinem Heimflug am 27. Dezember - endlich richtige Weihnachten in Deutschland!

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