· 

Schwarz Weiß

Wenn man an Ägypten denkt, dann kommen einem zuerst Pyramiden, Tempel und der Nil in den Sinn. Aber die wenigsten halten Ägypten für ein landschaftlich interessantes Land . Beinahe hätte ich es auch schon von meinem Plan gestrichen, doch letztlich war ich unglaublich froh mich in die westliche Wüste zur Bahariya Oase gewagt zu haben. Viele Hostels und Hotels in Kairo sowie Reiseagenturen organisieren Touren (meist mit einer Übernachtung in der Wüste) dorthin, doch ich wollte es auf eigene Faust probieren. Mit dem Abendbus fuhr ich von Kairo Richtung Bawiti (Stadt bei Bahariya) und musste mich an manche Kuriositäten gewöhnen. Der Zentrale Busbahnhof ist zwar gut organisiert, aber die Reise nicht so ganz. Ich fühlte mich auch ein bisschen unwohl, weil ich die einzige Frau war und niemand wirklich Englisch sprach. Es dauerte eine ganze Stunde bis wir Kairo verlassen hatten und dann musste für das Ramadan-Mahl angehalten werden, kurze Zeit später schon wieder für eine Rauch- und Teepause. So zog sich die Fahrt und feste Haltestellen gab es nicht wirklich. Man musste eben wissen, wo genau man aussteigen muss. Ohne Ortskenntnisse ist man auf sein Vertrauen zum Busfahrer angewiesen. Nach gut 5 Stunden kam ich dann in der Oasenstadt an und wurde von meinem Host abgeholt. Das Desert Safari Home kann ich sehr empfehlen, weil der Familienbetrieb die Arbeit wirklich mit Leidenschaft macht. Die Zimmer sind nicht die modernsten oder saubersten, aber der Service und das Frühstück sind super!

Ich bekam den Tipp mich am Morgen nicht alleine auf den Straßen herumzutreiben, da mich sonst die Polizei ausfragen würde. Das sind etwas sehr spezielle Sicherheitsmaßnahmen, aber üblicherweise gibt es keine Alleinreisenden dort. Mittags brachen wir dann mit dem Jeep in die Wüste auf und bei knapp 50 Grad und brennender Sonne tat mir mein fastender Host echt leid. Ein paar Kilometer südlich von Bawiti begann die sogenannte Black Desert. Die Farbe bekommt sie durch die frühere vulkanisches Gestein, Cobalt und Dolerlit.

 Allmählich verwandelte sich dann das Schwarz in ein Braun und wurde schließlich leicht weiß. Wir erreichten also den White Desert National Park! Es sieht tatsächlich wie Schnee aus und scheint mehr aus einem Star Wars Film als tatsächlich von dieser Welt zu sein. Neben den bizarren Gesteinsformen, welche wie Pilze oder Tiere aussehen, gibt es noch den sogenannten Crystal Rock. Der Stein sieht aus wie Quartz, aber es handelt sich um eine Mischung aus Calcit und Baryt. Und das ist nur eine gute Autostunde von der Black Desert entfernt!

Auf dem Weg kamen wir noch an einem Tal vorbei, welches von den Beduinen als "habaq" bezeichnet wurde. Es steht für "sehr, sehr schwer", da die Durchquerung mit den Kamelkaravanen auszehrend und gefährlich war.

Die White Desert ist durch den großen Kalkanteil im Boden entstanden. Es ist einfach unglaublich, dass sich so eine Vielfalt und innerhalb weniger Autostunden befindet. Man kommt dorthin nur mit dem Jeep oder einer gebuchten Tour. Beide Varianten sind nicht sehr billig, aber total lohnenswert! Am Abend fuhren wir auf dem Rückweg noch bei dem Bahariya Spring vorbei, welcher den Ort Bawiti zu einer Oasenstadt machte. Durch ein einfaches Metallrohr fließt warmes Wasser in ein kleines Becken, wo sich immer noch Männer und Kinder für ein warmes Bad versammeln.

Eines der größten Highlights meiner Ägypten-Reise kam dann aber am Abend: Ich war zu einem beduinischen Ramadan-Mahl eingeladen! Als Gast durfte ich mit den Männern der Familie zuerst essen und die Frauen und Kinder begannen erst, als sie alles serviert und die Männer gegessen hatten. Zunächst gab es eine Suppe mit reiskornförmigen Nudeln und danach wurden in mehreren Schalen Gemüsegerichte, Reis und Fleisch serviert. Dazu gab es selbstgemachtes beduinisches Brot und abschließend wurde beduinisches Tee vor dem Fernseher getrunken. Bei Ramadan geht es nicht nur um das Fasten an sich, sondern mehr um die gemeinsame Zeit mit der Familie.

Tagsüber wirkte die Stadt mit 45.000 Einwohnern (für ägyptische Verhältnisse ein Dorf) wie ausgestorben, doch nachts waren die Straßen voll, alle Geschäfte geöffnet und bis spät in die Nacht war der Lärm der Feiernden zu hören. Mein Host erzählte, dass er zwar für das Studium nach Kairo gegangen war, aber schnellstmöglich nach Bawiti zurückkehren wollte. Dort ist die Atmosphäre wesentlich entspannter und familiärer, jeder kennt jeden und man braucht für den Einkauf nicht einmal Geld mitnehmen. Warum? Der Kunde wird über ein paar Ecken mit einem oder einem Bekannten verwandt sein. Entweder zahlt dann jemand anders für ihn oder er bringt das Geld später nach. Dieses Vertrauen in seine Mitmenschen ist echt bewundernswert.

Am nächsten Morgen nahm ich den Bus nach Kairo, aber man sollte sich schon am Vortag um das Ticket kümmern. Die Abfahrtszeiten in der Wüste sind von Tag zu Tag variabel und nicht unbedingt verlässlich.  Es gibt eine zentrale Busstation mit Verkaufsbüro am Kreisverkehr an der Hauptstraße, wo normalerweise die Busse auch anhalten. Ich war ganz verblüfft, dass ich sogar noch einen reisenden Chinesen traf – ich war endlich nicht mehr die einzige Ausländerin!

4 Stunden führte eine scheinbar endlose Straße durch die Wüste nach Kairo. Außer Sand und Leere sah man nichts, keine Straßenschilder oder Leitplanken – einfach gar nichts! Erst 30 km vor dem Stadtzentrum fing die Besiedlung an, aber dann gleich mit großen Einkaufszentrum und Wohnblocks. Kairo ist einfach eine Megastadt.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0